Berühmte Fälscher der Neuzeit
Sie kennen Lévi, Crowley, Waite, Jodorowsky, Banzhaf … ?
Als diese modernen Autoren ihre verschiedenen Interpretationen des Tarotspiels veröffentlichten, war der Original-Schlüssel zum geheimen System hinter den Karten seit Jahrhunderten verloren.
Von den Auslegungen und Anordnungen der Karten, die man seither vorschlug, konnte sich keine als allgemein anerkannt durchsetzen. Durch immer neue Anläufe entstand im Laufe der Zeit ein kunterbunter Jahrmarkt von Kartenspielen und Methoden, die mit dem Original gerade noch den Namen gemein haben.
Warum kann uns keines der modernisierten Spiele den Geheimnissen der Renaissance-Tarot-Meister nahebringen?
Levi, Crowley, Waite
Intuition & Irrfahrten in der zeitgenössischen Tarot-Literatur
Als die ersten Autoren sich an der Interpretation der Tarotkarten versuchten, war das alte System mit seinen hermetischen Bausteinen schon durch mehrere Jahrhunderte von ‚Aufklärung‘ und ‚Rationalismus‘ verschüttet worden.
Da die ausgefeilten Codier-Verfahren der Renaissance nicht mehr zur Verfügung standen, setzte man sich neue Hilfsgrößen wie den kabbalistischen Lebensbaum, die astrologischen Häuser und Planeten, sogar Runen und Hieroglyphen zur Erklärung der Karten.
Was einst den risikoreichen spirituellen Lebensinhalt einer kleinen europäischen Elitekultur ausmachte, wurde zum illustren Spiel für jeden der sich traute, zur Feder zu greifen. In der so geschaffenen schummerigen Atmosphäre zwischen ahnungsvollem Raunen und hemdsärmeliger Allwissenheit zog das Publikum gern in jede neu erdachte Richtung mit. Die Namen von Levi, Waite und Crowley erhielten transzendente Aureolen, wobei niemand je den tatsächlichen Gebrauchswert ihrer Werke in Frage stellte.
Dabei ist es nicht so, daß man sich um Spiritualität nicht gekümmert hätte. 1854-56 schrieb in Paris Alphonse Luis Constant unter dem Pseudonym Eliphas Levi (von vielen als geistiger Ziehvater der nachfolgenden okkultistischen Bewegung angesehen) sein aufsehenderregendes Buch Dogma und Ritual der Hohen Magie, in welchem er ausführlich auf das Tarotspiel als „Schlüssel der alten, religiösen Dogmen, der Kabbla und der Bibel und der Clavicula Salomonis“ zu sprechen kam. Nach aufreibenden Jahren als katholischer Rebell und frühsozialistischer Wortführer, wofür er mehrmals ins Gefängnis gesperrt worden war, erschuf sich Constant in der zweiten Lebenshälfte sein eigenes, uneinnehmbares Reich romantischer Höhenflüge mit einer Flut angeblichen Insiderwissens aus der Welt der Hohepriester und Dämonen. Der Tarot entstand nach dem Fall Jerusalems im ersten nachchristlichen Jahrhundert, wußte er in geschraubten Sätzen zu berichten. Und ihm, Eliphas Levi, sei der Schlüssel zugefallen:
„Diese Clavicula oder den kleinen Schlüssel, den man seit Jahrhunderten verloren glaubte, haben wir wiedergefunden, konnten alle Gräber der Welt öffnen, die Toten sprechen lassen, in all ihrem Glanz die großen Denkmale der Vergangenheit wiedersehen, die Rätsel aller Sphinxen verstehen und in alle Heiligtümer eintreten.“
Levis ‚kabbalistische‘ These, die 22 Trümpfe des Spiels mit den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets zu verknüpfen, war eigentlich schon zu seiner Zeit unhaltbar, wenn sich jemand die Mühe gemacht hätte, die tatsächlichen Entsprechungen der Buchstaben zu überprüfen. Nachdem er so das Original unlesebar gemacht hat, konnte er überzeugt verkünden:
„(…) Es wäre sehr wünschenswert, daß man den Tarot in Anbetracht seiner so überragenden wissenschaftlichen Bedeutung nicht mehr verfälschte.„
(Von mir aus dem französischen Original übersetzt. Deutsche Ausgabe: Dogma und Ritual der hohen Magie, Edition Geheimes Wissen, 2008)
Wissenswert im Hinblick auf die folgende Entwicklung der Tarot-Geschichte ist der Umstand, daß Constant zeit seines Lebens sozialreformerischen Ideen anhing. Doch hatte die gescheiterte Revolution von 1848 ihn am Talent „der Masse“ zweifeln lassen, eine harmonische gesellschaftliche Ordnung zu schaffen. Gestützt auf seine okkultitischen Eingebungen baute er (wikipedia.de:) „seit den 1860er Jahren weiter seine Idee einer Elite von Eingeweihten oder „Weisen“ aus, die das Volk zur finalen Emanzipation leiten würden.“
Den Gedanken der eingeweihten Elite nahm in England Aleister Crowley auf, der sich – im Todesjahr Constants 1875 geboren – als direkte Reinkarnation Eliphas Levis fühlte. Sein Kartenspiel wartete mit kraftvollen, völlig unerwarteten Bildern, neuen Namen und Bedeutungen auf, die mit dem Original nichts mehr gemein hatten. Crowley war durch Erbschaft wohlhabend und über den Orden der Goldenen Morgenröte (Golden Dawn) mit einflußreichen Leuten aus Londons Oberschicht verbunden. Insofern war er im Elitedenken bestens geschult. Für ihn war die Herrschaft der Starken über die Schwachen keine ethische Angelenheit, sondern eine biologische Notwendigkeit. Die Natur selbst verfahre so und sentimentaler Humanismus verfälsche nur ihren Willen. Seit dem Sieg des Christentums hätten die „Untauglichen“ begonnen, die „Tauglichen“ zu verderben. Dem setzte er sein spezielles System okkulter und sexualmagischer Rituale entgegen, das er Thelema taufte, was auf Griechisch Wille bedeutet. Briefe an Freunde endeten mit der Formel: „Liebe unter dem Willen“. Lieben in Kombination mit Wollen hatte schon Krichenvater Augustinus gepredigt – allerdings in umgekehrter Reihenfolge: „Liebe – und dann tue was Du willst.“ (Kommentare zum Galater- und 1. Johannesbrief, um 400 n.Chr.)
Crowley sah im nachrevolutionären Rußland das erste erfolgreiche Unterfangen rigoroser Ausrottung aller religiösen Bestrebungen und wollte den Sowjets ein Projekt zu Volkserziehung anbieten, in welchem er selbst als „geistiger Erlöser des Russischen Volkes“ dessen „krankhaftes Bedürfnis“ durch seine „dem Wesen nach orgiastischen“ Riten ersetzen würde. Doch Stalin wurde nie kontaktiert, das Projekt blieb Vision. Später sah Aleister Crowley in Hitler einen möglichen Vollstecker seines Herrenmenschen-Ideals. Zu seiner Karte XX The Aeon (Weltzeitalter) schrieb er 1944, ein Jahr vor Kriegsende, in seinem Buch über den ägyptischen (!) Tarot: „Die Geburtsstunde eines neuen Zeitalters wird angekündigt durch große Konzentration von politischer Macht.“ Doch mit seinen magischen Experimenten konnte er keinen Einfluß mehr auf die Geschichte nehmen, denn bald darauf beschloß Aleister Crowley sein Leben der Orgien, des sexuellen Mißbrauchs und der Opiate. Er „hinterließ auf seinem Weg eine Spur von seelisch zerstörten, mißhandleten Frauen.“
Mit der Geisteshaltung, die einst die Schöpfer des Renaissance-Tarot inspirierte, hat das alles längst nichts mehr zu tun, auch wenn Crowleys Kartenspiel als der sogenannte ‚Crowley-Tarot‘ in vielen nachgeschobenen Büchern als Einweihungsweg gepriesen wird.
(Zitate auf Seiten 106, 167, 252 von Aleister Crowley und die Versuchung der Politik, Marco Pasi, Graz 2006)
Frei von gesellschaftlichen Idealvorstellungen schien der dritte einflußreiche Autor und Kartenschöpfer Arthur Edgar Waite, der zeitweilig eine konkurrierende Linie des Golden Dawn anführte. Waite erdachte auf Grundlagen seines einstigen Orden-Gründers Samuel Mathers ein weiteres neuartiges Tarotspiel, das er zur besseren Wirksamkeit von der aufstrebenden jungen Künstlerin Pamela Colman-Smith in der damals hochmodernen Jugendstil-Manier malen ließ. Waite’s & Smith’s Kartenspiel wird seit über hundert Jahren aufgelegt und viele halten es für den inspirierten Tarot überhaupt.
Am 19 November 1909 schrieb Pamela Colman-Smith an ihren Galeristen Stieglitz nach New York:
« Ich habe eben eine große Arbeit für äußerst wenig Geld fertiggestellt. Einen Satz Designs für 80 Tarotarten (…) Ich schicke Ihnen ein Deck, sobald sie fertig gedruckt sind (wahrscheinlich in armseliger Qualität).»
Besonders gut zu sprechen auf ihren Auftraggeber schien die Malerin nicht gewesen zu sein. So hat sie auch nicht nur wenig Geld erhalten; in der Erstausgabe tauchte nicht einmal ihr Name auf. Als habe der Verleger Rider den Anschein erzeugen wollen, Herr Waite hätte allein ein großes Werk voll Inspiration und Tiefe hervorgebracht. Zur besseren Veranschaulichung der Entstehungsgeschichte lasse ich einen erfolgreichen Karten-Schöpfer unserer Tage, Robert M. Place zu Wort kommen. Da er selbst viele Tarot Decks entworfen hat (Vampire Tarot), ist er mit der Produktion und dem Aufwand bestens vertraut. Aufgrund seiner Erfahrung urteilt er:
„Viele Leute gehen davon aus, daß Waite jeden Aspekt des Waite-Smith-Tarots überwachte und selbst kleinste Details seinem Schiedsspruch unterwarf. (…) Doch angesichts der kurzen Zeit, in der das Deck erstellt wurde, wäre es für Waite so gut wie unmöglich gewesen, seinen Einfluß bei allen 78 Karten geltend zu machen und Pamela Smith während der Monate, in denen sie arbeitete, jeden Tag die Schulter zu schauen.
Pamela hatte als Künstlerin die Gabe, in Trance fertige Bilder vor dem geistigen Auge erscheinen zu lassen und diese rasch in Zeichnungen zu übertragen. Danach wurden sie koloriert. Auf solche Weise entstandene Kunst kann nicht nachträglich noch bearbeitet werden. Wenn Waite Änderungen wünschte, sobald ein Entwurf abgeschlossen war, hätte Smith das gesamte Stück neu erstellen müssen. Angesichts der kurzen Zeit, in der die Arbeit abgeschlossen wurde, kann das nicht oft passiert sein.“
(Von mir übersetzt und zusammengefaßt aus: Tarot History, Symbolism, and Divination Robert M. Place)
Waite unterwarf die Anordnung der 22 Trümpfe der astrologischen Zeichen-Folge. Dafür mußte er die angestammten Plätze der Justitia und der Kraft (La Force) vertauschen, damit er Justitia dem Zeichen Waage und die Kraft dem Zeichen Löwe zuordnen konnte. Die traditionelle Ordnung wurde bedenkenlos verzerrt und das raffinierte Original-System mit seiner wichtigen Korrespondenz von Gegenkarten und numerologischen Entsprechungen damit letztlich zerstört.
Die nächste willkürliche Veränderung legte Waite in seinem Pictoral Key to the Tarot dar: Den Narren – die erste Karte der ursprünglichen Anordnung – verschob er in die vorletzte Position vor der Karte Die Welt, wie Levi es schon vorgeschlagen hatte, damit die Karte dem hebräischen Buchstaben shin entspräche, was sich später als völlig unhaltbar erwies, aber von vielen Autoren weiter ‘tradiert’ wird.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß mindestens 56 Karten von Pamela Coleman-Smith als Künstlerin und zeitweiligem Mitglied von Waites Abspaltung des Golden Dawn frei erfunden worden sind. Es gab auch keinerlei historische Referenz, da die Hof- und Kleinen Karten des Tarot eigentlich zum Kartenspielen gemacht waren und das geheime Wissen nur auf der Karte XXI und den übrigen Trümpfen verschlüsselt war.
Während die Malerin der allerorts unter dem Namen Rider-Waite bekannten Karten vereinsamt, krank und mittellos starb, trug die außerordentliche visuelle Attraktivität ihrer Designs dazu bei, Abertausende von Käufern die verfälschenden Scharaden Waites ungeprüft als Wahrheit über den Tarot hinnehmen zu lassen. Dies hat sich bis heute nicht geändert.
Wie Lehr-Meinungen entstehen
Schopenhauer, Philosoph des 19. Jahrhunderts, hat eindrücklich beschrieben, wie solcherart Scheinwissen etabliert wird:
»Was man so die allgemeine Meinung nennt, ist, bei Lichte betrachtet, die Meinung zweier oder dreier Personen; (…) wir würden finden, daß zwei oder drei Leute es sind, die solche zuerst annahmen oder aufstellten und behaupteten, und denen man so gütig war, zuzutrauen, daß sie solche recht gründlich geprüft hätten: auf das Vorurteil der hinlänglichen Fähigkeit dieser nahmen zuerst einige Andere die Meinung ebenfalls an; dies wiederum glaubten Viele andere, deren Trägheit ihnen anriet, lieber gleich zu glauben, als erst mühsam zu prüfen. So wuchs von Tag zu Tag die Zahl solcher trägen und leichtgläubigen Anhänger: denn hatte die Meinung erst eine gute Zahl Stimmen für sich, so schrieben die Folgenden dies dem zu, daß sie solche nur durch die Triftigkeit ihrer Gründe hätte erlangen können. Die noch Übrigen waren jetzt genötigt gelten zu lassen, was allgemein galt, um nicht für unruhige Köpfe zu gelten, die sich gegen allgemeingültige Meinungen auflehnten, und naseweise Bursche, die klüger sein wollten als die Welt. Jetzt wurde die Beistimmung zur Pflicht. Nunmehr müssen die wenigen, die zu urteilen fähig sind, schweigen: und die da reden dürfen, sind solche, welche völlig unfähig eigne Meinungen und eignes Urteil zu haben, das bloße Echo fremder Meinungen sind; jedoch sind sie desto eifrigere und unduldsamere Verteidiger derselben. Denn sie hassen am Andersdenkenden nicht sowohl die andere Meinung, zu der er sich bekennt, als die Vermessenheit, selbst urteilen zu wollen, was ja doch selbst nie unternehmen und im Stillen sich dessen bewußt sind. «
Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) Die Kunst Recht zu behalten – 30. Kunstgriff
Im 20. Jahrhundert formulierte es der Quantenphysiker David Bohm so:
»Wenn alle sich über etwas einig sind, nehmen wir das als Beweis, daß es richtig ist oder doch richtig sein könnte. (…) Das heißt, daß wir ständig unter dem Druck stehen, eine bestimmte Repräsentation zu akzeptieren und es ebenso zu sehen.«
D. Bohm Der Dialog, Stuttgart 1998, S. 116.
Für die breitere Öffentlichkeit faßte der amerikanische Autor Charles Bukowsky zusammen:
»(…) do you see
now that you see
that everything they told us
was wrong? «
Ch. B.: Running on Empty
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